Bildung

Urheberrecht in E-Learningplattformen an Hochschulen

Eine große Unsicherheit gibt es seit langem im Bereich des Urheberrechts in E-Learningplattformen an Hochschulen. Formal greift dort $52a UrhG Absatz 1:

(1) Zulässig ist,

1. veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern (Quelle: dejure.org)

Die Problematik entfacht sich direkt an den Begriffen „kleine Teile eines Werks“, „zur Veranschaulichung“ und dann auch „abgegrenzter Kreis von Unterrichtsteilnehmern“. Eine genauere Definition gibt es nicht, was im Einzelnen wie ausgelegt werden kann/darf war bisher nicht entschieden. In einem Rechtsstreit zwischen dem Krömer-Verlag und der Fernuniversität Hagen wurden diese Dinge jetzt nicht endgültig geklärt, der BGH hat in einer Entscheidung letzte Woche jedoch einige Dinge deutlicher geklärt. Das Verfahren selbst wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

„Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sind unter „kleinen“ Teilen eines Werkes entsprechend einem zwischen der Verwertungsgesellschaft Wort und den Bundesländern geschlossenen „Gesamtvertrag zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52a UrhG für das Öffentlich-Zugänglichmachen von Werken für Zwecke des Unterrichts an Schulen“, der gleichfalls Sprachwerke betrifft, höchstens 12% des gesamten Werkes zu verstehen. Darüber hinaus sei eine – vom BGH mit 100 Seiten definierte – Höchstgrenze erforderlich, weil ansonsten ganze Bände eines mehrbändigen Werkes ohne Einwilligung des Urhebers öffentlich zugänglich gemacht werden dürften. Die Beklagte habe demnach grundsätzlich bis zu 63 Seiten des Werkes „Meilensteine der Psychologie“ auf der Lernplattform einstellen dürfen. Das Einstellen der Beiträge habe – so der BGH – auch der Veranschaulichung im Unterricht gedient. Dem stehe, anders als das Berufungsgericht gemeint habe, nicht entgegen, dass sie den Unterrichtsstoff nicht nur verdeutlicht, sondern auch ergänzt hätten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erlaube die Schrankenregelung des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG auch nicht nur ein Bereithalten kleiner Teile eines Werkes zum Lesen am Bildschirm. Vielmehr gestatte sie deren Zugänglichmachen auch dann, wenn Unterrichtsteilnehmern dadurch ein Ausdrucken und Abspeichern der Texte ermöglicht werde. auch dann, wenn Unterrichtsteilnehmern dadurch ein Ausdrucken und Abspeichern der Texte ermöglicht werde. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist ein Zugänglichmachen allerdings nicht geboten im Sinne von § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG, wenn der Rechtsinhaber der Hochschule eine angemessene Lizenz für die fragliche Nutzung angeboten hat.“ (Quelle: Pressemitteilung BGH)

Zum ersten Mal ist hier mit 12% eines Werkes eine klare Grenze gezogen – bisher kannte ich hier immer nur Mutmaßungen. Auch eine Ergänzung der Lehrveranstaltung ist gestattet – auch das war bisher in der Diskussion.

Beie Telepolis gibt es eine erste Bewertung „BGH macht Dozenten das Leben leichter“ – hier wird auch noch einmal auf das Verfahren selbst eingegangen und einiges erklärt. Telepolis liest aus dem BGH-Ergebnis auch einige weitere Dinge heraus, z.B.

„Normale PDFs sind okay. Nirgendwo steht etwas anderes im Gesetz, der Rest ist Phantasie von Verlagsjuristen und Stuttgarter Richtern.
Schon das OLG (im Gegensatz zum LG) sah kein Problem mit dem „abgrenzten Kreis“, da es sich nur um eingeschriebene Studierende handelte, die sich durch Kontrollmechanismen ausweisen mussten – dass es mehr als 4.000 waren, teilweise (welch Skandal!) in der Schweiz wohnhaft, spielt keine Rolle.“ (Quelle: Telepolis)

Dass Verfahren selbst ist damit nicht zu Ende, nach der BGH-Definition hat die Fernuni Hagen mit 91 Seiten mehr als die in diesem Fall erlaubten 63 Seiten (12% des Gesamtumfangs) digital in einem E-Learning-Kurs zur Verfügung gestellt- aber vermutlich bringt es etwas Klarheit vor allem an Universitätsbibliotheken und den Betreibern der E-Learning-Plattformen, was nun erlaubt ist und was nicht.

Sturmflut auf Hallig Hooge

Beim Aufräumen der Bilderdatenbank ist mir ein Bilderordner aus dem Jahr 2004 begegnet – auf dem alten reticon hatte ich das schon einmal verarbeitet.
Im September 2004 waren wir auf Hallig Hooge und konnten/durften eine Sturmflut am Tag miterleben.
Das nachfolgende Zeitraffer-Video dokumentiert ca. 5 Stunden Sturmflut in 163 Bildern, d.h. alle 120 Sekunden ein Bild.

[videojs poster=“https://www.reticon.de/ret-wp/wp-content/uploads/Img0060.jpg“ width=803 height=452 webm=“https://www.reticon.de/ret-wp/wp-content/uploads/hooge.webm“]

 

Wir hatten die Chance die Sturmflut tagsüber zu erleben und so mit Tee am Fenster zu sitzen und zu sehen, wie die Nordsee nach und nach über die Deichbefestigung kommt.

Ich habe bisher nie wieder so viele unterschiedliche Stimmungen, ins Licht getauchte Landschaft erlebt wie bei dieser Sturmflut. Auch wenn es nun fast 10 Jahre her ist, die Bilder beeindrucken mich immer wieder. Auch wenn man heutzutage eine Zeitrafferaufnahme mit deutlich mehr Bildern angehen würde, für mich war das damals das Maximum.

Kurz zur Technik: Nikon D100 mit Stativ hinter dem Fenster positioniert, ans Laptop angeschlossen und via Nikon Capture alle zwei Minuten ein Foto geschossen. Ab und an musste der Akku gewechselt bzw. das Fenster etwas gesäubert werden (daher die „Dynamik“).
167 Bilder dokumentieren nun die damalige Sturmflut (Zeitraum 15:00 – 20:00), faszinierend sind die rasanten Licht- und Stimmungswechsel. Zwischen jedem Bild liegen wirklich immer nur 120 Sekunden, die Bilder sind soweit unbearbeitet und nun viel Spaß!

Die Bilderfolge wurde mit Time Lapse Assembler (MacOS) zusammengefasst.

Und neben all der Technik – einen Besuch auf einer Hallig, am besten abseits der Touristenströme, kann ich nur empfehlen. Vor allem würde ich nicht als Tagestourist mich auf eine Hallig spülen lassen, sondern dort wie damals einige Zeit am Stück verbringen.

 

Kostenlose eBooks vom Oldenbourg Wissenschaftsverlag und Akademie Verlag

logo-degruyter

Den ganzen August über gibt es den kompletten (!) eBook Bestand der beiden Verlage „Oldenbourg Wissenschaftsverlag” und “Akademie Verlag” zum Download. Das ganze funktioniert nur kapitelweise, aber wer fleißig klickt, kann einige interessante Literatur bekommen.
Das ganze ist quasi ein „Willkommensgeschenk“ von De Gruyter, die Anfang 2013 beide Verlage erworben hat und das kostenlose Downloadangebot jetzt der Start der Integration der beiden Verlage ist.

Die Aktion findet nur im August statt – ab September kosten die eBooks dann auch wieder Geld – von daher, wer dort etwas sinnvolles findet, sollte sich beeilen.

Kurz zum Profil der beiden Verlage: Der Akademie Verlag vor allem im Bereich Philosophie, Geschichte und Kunst – der Oldenbourg Wissenschaftsverlag mit den Schwerpunkten Geisteswissenschaften und Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.

Die Qualität der eBooks ist sehr unterschiedlich (teilweise sind die Scans nicht so sonderlich gut, bzw. man fragt sich, warum Bücher aus neueren Jahren durch OCR müssen), eine ausführlichere Vorstellung incl. Kritik gibt es im Blog der Unibilbiothek des Saarlandes: De Gruyter in Geberlaune: gesamter E-Book- und E-Journalbestand von Oldenbourg und Akademie im August 2013 kostenlos erhältlich

(Der Zugang scheint gerade zu klemmen – die Suchen geben mir momentan keine sinnvollen Treffer zurück, hoffen wir, dass De Gruyter das in den Griff bekommt)

Hier entlang zum Download der eBooks:

Cybermobbing an Schulen

An der WWU Münster gibt es ein von der DFG gefördertes Projekt „Cybermobbing an Schulen“. In einer Panelstudie werden Schülerinnen und Schüler nach ihren Erfahrungen mit Cybermobbing befragt. Inzwischen liegen erste Ergebnisse vor. Befragt wurden bisher gut 5.600 Schülerinnen und Schüler, ca. ein Drittel sieht sich bisher selbst von Cybermobbing betroffen.

„Das Spektrum reicht von beleidigenden Mails über das Hochladen von peinlichen Videos auf YouTube bis hin zum Online-Pranger über Facebook. Die Studie zeigt aber auch: Besonders verletzende Formen des Cybermobbing sind vergleichsweise selten.
[…]
Die Studie zeigt, dass eine klare Unterscheidung zwischen Tätern und Opfern nicht immer möglich ist. Viele Jugendliche berichten, dass sie selbst Opfer wurden, gleichzeitig aber auch andere über das Internet gemobbt haben. Etwa ein Drittel der Betroffenen gehört zu dieser „Täter/Opfer“-Kategorie, während sich der Rest der Betroffenen jeweils zur Hälfte auf die Täter- und die Opfer-Kategorie verteilt. Mit Blick auf die Schulformen ist die Mischgruppe dieser „aggressiven Opfer“ besonders auffällig: Mit 19,8 Prozent ist an den Hauptschulen der Anteil der Täter/Opfer deutlich größer als an den Realschulen (11,3 Prozent) und Gymnasien (8,4 Prozent)“ (Quelle: PM WWU Münster)

Etwas schade ist, dass nur die Pressemitteilung der WWU ein paar Ergebnisse und Zahlen bereithält. Die Projektwebseiten selbst sagen außer Beteiligte und Laufzeit fast nichts aus. Hier wäre es schon spannend gewesen, ausführlichere Informationen zu finden, die über die Pressemitteilung hinausgehen und auch etwas zu dem Vorgehen und den weiteren Beteiligten zu erfahren.
So sind die Ergebnisse durchaus interessant – es bleibt aber eine Pressemitteilung alleine im Raum stehen.

Logo WWU Münster

Logo WWU Münster

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Die Welt nach Google Reader

Google hat Anfang Juli ja bekanntlich den Google Reader dichtgemacht. Nachdem ich von Anfang an den Reader gern und über die Jahre sehr regelmäßig genutzt habe, hat mich das dann doch etwas „getroffen“ und ehrlichweise an einigen Ecken nochmal das Nachdenken über die Nebeneffekte dieser kostenlosen Clouddienste gebracht.

Aber nun denn – ich hatte in der Zwischenzeit verschiedene Ersatzmöglichkeiten ausprobiert, einige Zeit z.B. den Tiny Tiny RSS ausprobiert – das war gerade in der Phase als ich die Sachen wieder selbst auf „lokal“ machen wollte. Mit einigen Schleifen bin ich (vorerst) dann doch bei Feedly gelandet. Übernahme der RSS-Abos aus Google in die „Feedly-Cloud“ hat bei mir problemlos geklappt, die Unterstützung auf mobilen Geräten ist auch besser geworden und im Browser geht es jetzt auch direkt (ohne Plugin).
Zwischendurch vermisse ich noch die anspruchslose Google-Optik, mit manch Bedienungseigenheit von Feedly kann ich mich auch noch nicht anfreunden – daher die Frage in die Runde:

Was nutzt ihr?
bzw.
Seit ihr RSS treu geblieben oder ist mit dem Ende vom Google Reader jetzt das Ende von RSS bei euch eingeläutet?

Gleichstellung an Hochschulen

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat letzte Woche die Ergebnisse zur Umsetzung der „Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards“ veröffentlicht. Unter diesem schönen Begriff wurden 2008 Standards in Form einer Selbstverpflichtung der Hochschulen verabschiedet, mit dem letzlichen Ziel den Anteil an Frauen im wissenschaftlichen Bereich deutlich zu erhöhen.

Eine Arbeitsgruppe hat die Gleichstellungskonzepte der Hochschulen nun bewertet und ihren Abschlussbericht vorgestellt.

Während auf der einen Seite bessere Strukturen im Rahmen des Themas Gleichstellung geschaffen wurden und die Thematik inzwischen zum Hochschulalltag gehört wird in der praktischen (zahlenmäßigen) Entwicklungen noch weiteres Potential gesehen:

„Trotz der insgesamt erfreulichen Entwicklung hat der Anstieg der Frauenanteile auf den verschiedenen Karrierestufen aber noch nicht den erhofften Umfang erreicht. Umso mehr sei es nun wichtig, ein Augenmerk auf die Entwicklung der Frauenanteile auf den jeweiligen Karrierestufen zu richten. Dabei identifizierte die Arbeitsgruppe insbesondere die Postdoc-Phase und das Berufungsgeschehen als entscheidende Stellen im Karriereverlauf, auf denen bei den weiteren Bemühungen ein Fokus zu legen sei.“ (Quelle: DFG)

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Google News und Leistungsschutz – Farbe bekennen

Mit der Einführung des Leistungsschutzrecht hat sich Deutschland zu einem speziellen Weg zum Schutz der Verleger entschieden. Das Gesetz wurde zuletzt schon als „Lex Google“ bezeichnet, es wird vermutlich zu Lizensierungsformen führen (sollen), die vor allem auf das Angebot von Google News zielten und schlicht eine Lizenzzahlung von Google an Verlagsangebote im Sinn hatte.

Google News ist ein Nachrichtendienst, der nichts anderes macht, als die Nachrichten zu indexieren und mit Überschrift und „Anteasertext“ (ca. 160 Zeichen) zu zitieren und die Besucher dann auf die jeweilige Nachrichtenseite weiterzuleiten (der klassische Link). Die Google-Suche funktioniert nicht anders nur eben mit allen Inhalten und nicht nur Nachrichten. Warum jetzt Links auf Nachrichten lizenzpflichtig sein sollen hat sich mir nie erschlossen. Bisher musste der Anbieter aktiv werden und wenn er nicht erfasst werden möchte dies mittels einer „robots.txt“ kundtun.
Im Bereich Nachrichten wird sich hier ab dem 01. August 2013 die Welt (in Deutschland) anders entwickeln.

Google hat heute bekanntgegeben, wie man sich der neuen Situation stellt: Ab heute bis zum 01. August müssten Inhalteanbieter Google gegenüber bestätigen, dass die Nachrichten kostenlos auf Google-News gelistet werden dürfen. Wer dies nicht macht, wird ab dem 01.08. nicht mehr in Google News aufgeführt.

Da reticon seit langem bei Google News gelistet ist und wir uns über die Besucher von dort freuen – sind wir auch angeschrieben worden und haben mit wenigen Klicks unsere Seiten auch ab August freigegeben.

Spannend wird nun sein, wer von den Schwergewichten der Verlagsbranche wie reagiert –  die mit ihrer Lobbymacht das (aus meiner Sicht ziemlich sinnlose Gesetz) im Bundestag platziert und durchbekommen haben. Das wird für einige vermutlich auch finanziell bitter, wenn sie auf den Traffic und damit auch den anschließenden Werbeeinnahmen verzichten müssen. Gut, dass Google den Spaß nicht mitmacht und keine Lizenzen eingeht.

Aber – unsere Kanzlerin hat es ja gerade verkündet und wird dafür gerade mit Häme im Netz überzogen – das Internet ist für uns ins Deutschland Neuland, aber wenn Diekmann und Co lange genug im Silicon Valley hospitiert haben, wird das auch hier noch etwas. Ich erinnere mich an Crosspoint unter OS/2.

Herzlichen Glückwunsch WordPress

Das Blogsystem WordPress wird heute 10 Jahre alt – da sage ich doch gern herzlichen Glückwunsch. Ein OpenSource Software-Projekt, das nach 10 Jahren so stark daherkommt, da kann man nur großen Respekt zollen.

Auf reticon setzen wir WordPress seit einem guten halben Jahr ein – in ein paar anderen privaten Blogs habe ich WordPress jetzt seit knapp sechs Jahren am Start und ich kann sagen, ich bin doch sehr zufrieden. Das ganze funktioniert ziemlich reibungslos, es gibt eine sehr aktive Community, die sich um eine Vielzahl an Erweiterungen und Plugins kümmert. Trotzdem kann man auch selbst an einigen Stellen eingreifen, es gibt inzwischen eine riesige Welt an „Themes“ und „Layouts“. Hier haben sich inzwischen auch kleine Geschäftsmodelle entwickelt, kleine Agenturen, die WordPressbetreibern (gegen Geld) z.B. beim Layout helfen.

Als denn – herzlichen Glückwunsch, WordPress!

Drosselkom – Kampf der Werbekampagnen

Die Telekom hat sich mit der Tarifumstellung und der angekündigten Drosselung von DSL-Anschlüssen PR-technisch einen Bärendienst erwiesen. So viel Diskussion und Prügel bekommt ein Unternehmen selten in so kurzer Zeit. Parallel dazu ist mit dem Thema Drosselung auch die Netzneutralität in einer größeren Diskussion angekommen.

Bei der Netzneutralität geht es darum, dass im klassischen Internet jeglicher Datenverkehr gleich behandelt wird – dies Prinzip wird „best effort“ genannt. Das meint, die Datenpakte von allen Internetdiensten, die ich nutze werden „so schnell wie es geht“ zu mir geliefert. Mein Internetprovider versucht egal ob Youtube, spiegel.de immer die schnellste Datenlieferung zu realisieren.
Gibt man die Netzneutralität auf, werden bestimmte Datenpakte bevorzugt. So kann dann ein Anbieter mit meinem Provider verhandeln, was er denn tun (bzw. zahlen) soll, damit seine Dienste weiterhin schnell bei den Kunden des Providers X landen. Also, Beispiel: Google soll an den Provider X bezahlen, damit die Daten seines Videodienstes Youtube auch wirklich schnell ausgeliefert werden, wäre ja schade, wenn die Videos bei allen Kunden von Provider X ruckeln.
So formuliert das natürlich niemand, da kommt dann jede Menge „Marketingsprech“. Da wird dann gerne von „Managed Services“ und „Next Generation Networks“ geredet – gemeint sind aber meist Fälle wie im Beispiel.

Es gibt inzwischen die ersten Versuche, die Netzneutraliät auszuhöhlen. Das IP-Fernsehprogramm der Telekom fährt diese als sogenannten „Managed Service“ und möchte den auch nicht auf das Volumen der neuen Internettarife anrechnen. Ähnliches im Mobilfunkbereich, dort gibt es immer mehr Anbieter, die z.B. den Traffic zu Musikstreamingdiensten nicht auf das Datenvolumen anrechnen (z.B. einige Spotify-Tarife). Was für den Kunden erstmal gar nicht schlecht daherkommt, ist aber der erste Schritt zum Ausstieg aus der Netzneutralität. Bisher war es dem Provider völlig egal wieviel Daten ich im Monat zu Spotify, Youtube und dem Rest verbraucht habe. Im Idealfall hat er die Bandbreite, die er mir verkauft, sauber kalkuliert, der Inhalt der Datenpakete ist ihm egal. Jetzt fängt er sich aber plötzlich an für den Inhalte zu interessieren, so rechnet er dann den Datenverkehr zu Spotify heraus. Dafür ist dann ja Technik und KnowHow erforderlich – und wenn man das einmal hat, setzt man es halt auch für andere Dinge ein.

drosselkom-googleadsSoweit der Exkurs in das Thema Netzneutralität. Es gibt da auch lustige Nebenkriegsschauplätze. Einer davon findet gerade in den Google Werbeanzeigen statt. Sucht man nach Drosselkom, „bekriegen“ sich darunter die Telekom und Konkurrent Unitymedia.

Auf der einen Seite interessant, dass man es bei der Telekom offensichtlich für nötig hält, sich bei der Suche nach Drosselkom zu platzieren, um dort in die Diskussion einzugreifen. Heißt wohl, dass das Thema entsprechende Wichtigkeit zugeteilt bekommen hat. Unitymedia hat vermutlich gerade etwas Spaß an der Diskussion gefunden und sucht neue Kunden.

SmartTV und fehlender Datenschutz

An der TU Darmstadt haben Informatiker in einem spannenden Paper dargelegt, dass in den aktuellen Implementierung von „Smart-TVs“ Lücken im Datenschutz lauern. Smart-TVs werden die Kombination von klassischen Fernsehen und Internet genannt. Diese wird momentan über HbbTV in neue Geräte (Fernseher und Receiver) implementiert. Dabei bildet HbbTV den Rückkanal des Fernsehsenders ins Internet. HbbTV  liefert Informationen zum laufenden Programm, leitet in die Mediathek weiter etc. – an vielen Punkten liefert HbbTv eine Art Kombination von klassischem EPG und einem moderneren Videotext.

Was auf den ersten Blick als sinnvolle Erweiterung daherkommt, ist in der aktuellen Implementierung datenschutzrechtlich nicht so gut gelöst. Das Advanced Security Research Darmstadt (CASED) hat dies letzte Woche aufgezeigt.

„Die Nutzer dieser Geräte sehen in der Regel eine eingeblendete Information, dass der Sender Zusatzinformationen anbietet. Wer interessiert ist, kann diese über eine Taste auf der Fernbedienung abrufen. „Was die Nutzer nicht wissen können ist, dass der Fernseher bereits bei der Senderwahl mit dem Server der Sendeanstalt kommuniziert. Von vielen Sendern empfängt er mehrmals pro Minute Inhalte, überträgt aber auch Nutzungsdaten, ohne dass der Zuschauer HbbTV aktiv durch Drücken des Red Buttons nutzt“, erklärt Informatiker Marco Ghiglieri.

Die so gewonnenen Informationen sind aus datenschutzrechtlicher Sicht durchaus als bedenklich einzustufen – insbesondere, da einige Sender die Daten auch Drittanbietern wie Google Analytics zur Verfügung stellen, die detaillierte Nutzeranalysen erzeugen. Diese könnten Sendern vor allem zur Ermittlung von regionalen Einschaltquoten und zur Übertragung personalisierter Werbung dienen.“ (Quelle: Pressemitteilung TU Darmstadt)

Dabei ist das Thema nicht neu – die Darmstädter Informatiker sind schon länger an dem Thema dran und mit Sendern im Gespräch – nur ändert sich bisher wenig an dem Auswerteverhalten.

„Anbieter und Hersteller müssen lernen, dass Sicherheit und Privatsphäre schon „by Design“, also im Entwurfsstadium berücksichtigt werden muss. Nachträgliche Absicherung ist oft teurer und kann das Vertrauen der Kunden erschüttern“, sagt Michael Waidner, CASED-Direktor und Professor für Sicherheit in der Informationstechnik. (Quelle: Pressemitteilung TU Darmstadt)

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